Politische Theologie im frühen Judentum. Eine Analyse der fünf Versionen des Estherbuches (Dissertation)
Zur Arbeit
Die prämierte Arbeit fragt nach Konzeptionen politischer Theologie im frühen Judentum: Wie werden in frühjüdischer Literatur göttliche und menschliche Macht ins Verhältnis gesetzt? Wie werden vor diesem Hintergrund verschiedene Herrschaftsmodelle bewertet? Dazu wird exemplarisch das Buch Esther in seinen fünf antiken Textversionen untersucht. Es handelt sich um den Masoretischen Text, die Hauptüberlieferung der Septuaginta, den sog. Alpha-Text als Septuaginta-Nebenüberlieferung, die Paraphrase des Flavius Josephus sowie die Vetus Latina, die auf eine weitere griechische Textversion zurückgeht. Anhand einer Analyse der Figuren- und Machtkonstellationen innerhalb der Erzählwelt wird demonstriert, dass die verschiedenen Aus- und Umarbeitungen des Esther-Stoffes ein je eigenes Konzept politischer Theologie vertreten. Die vergleichende Auswertung zeigt Grundlinien frühjüdischer Diskurse über Aspekte politischer Theologie auf. Die Arbeit ist 2020 bei De Gruyter als BZAW 525 erschienen.
Zur Person
Dr. Simon Bellmann, geb. 1984. Studium der Evangelischen Theologie an der Kirchlichen Hochschule Bethel, an der Universität Leipzig und an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg; 2013 Diplom. 2013–2014 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt „Corpus Judaeo-Hellenisticum Novi Testamenti“ an der Universität Leipzig. 2014–2018 Doktorand am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung in Halle/Saale; Promotionsprogramm der International Max Planck Research School for the Anthropology, Archaeology and History of Eurasia. Forschungsaufenthalte an der Duke University/USA und an der Hebräischen Universität Jerusalem. 2019 Promotion zum Dr. phil. (Alte Geschichte) an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. 2018–2020 Vikariat der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau; 2020 Zweites Theologisches Examen. Seit 2020 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Altes und Neues Testament am Institut für Evangelische Theologie der Justus-Liebig-Universität Gießen. Aktuelles Forschungsprojekt zu schöpfungstheologischen Traditionen in der frühjüdischen Literatur und im Neuen Testament.
Wirkung durch Übersetzung. Die Vetus Latina Apocalypsis Johannis in Nordafrika am Beispiel von Offb 11–12 (Dissertation)
Zur Arbeit
Die Offenbarung des Johannes ist einer der am wirkmächtigsten Texte des Neuen Testaments. Während diese Schrift im griechisch-sprachigen Osten des Mittelmeerraums lange Zeit eher ein „Buch der Sieben Siegel“ blieb, erfreute sie sich in der lateinischen Welt einer großen Beliebtheit. Einer der Gründe hierfür mag sicherlich darin zu sehen sein, dass die Johannesoffenbarung schon rasch nach ihrer Abfassung ins Lateinische übersetzt wurde. Die sog. Vetus Latina Apocalypsis Johannis darf in ihrer frühesten in Nordafrika entstandenen und verbreiteten Form darum ganz folgerichtig als eine eigene Stufe der breiten Rezeption der Johannesoffenbarung in der kirchlichen und theologischen Tradition betrachtet werden. Gegenüber dem griechischen Ausgangstext des Novum Testamentum Graece (NA28) tritt bei sorgfältiger „synchroner“ Lektüre des griechischen mit dem altlateinischen Text ein bedeutsamer „Mehrwert“ bzw. „Anderswert“ zu Tage, der aufgrund der in der neutestamentlichen Textkritik in den vergangenen Jahren erfolgten Rekonzeptualisierung, was die Betrachtung und den Stellenwert versioneller Texte anbetrifft, einen bislang eher unbekannten Blick auf die Ekklesiologie, Mariologie sowie Theo-logie (sic!) und Christologie der Offb freilegt. Die Arbeit versteht sich zugleich als Appell, den Versionen neutestamentlicher Schriften als Zeugen für einen gelebten Text vertieft Aufmerksamkeit zu schenken, da sich hierdurch ein „Fenster“ in die frühe Überlieferung der biblischen Schriften öffnet.
Zur Person
Matthias Geigenfeind, Dr. des., Dipl. Theol. Univ., Jahrgang 1989, studierte Katholische Theologie in Regensburg und Jerusalem (Theologisches Studienjahr an der Dormitio-Abtei). Im Anschluss an das an der Fakultät für Katholische Theologie der Universität Regensburg i.J. 2015 erworbene Diplom in Katholischer Theologie nahm er seine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel (Standort Wuppertal) im DFG-Projekt „Editio Critica Maior (ECM) der Johannesapokalypse des Neuen Testaments“ auf und beschäftigt sich hierbei seither mit der handschriftlichen und versionellen Überlieferung dieses biblischen Textes. 2021 schloss er sein Promotionsvorhaben mit der von Prof. Dr. Tobias Nicklas (Universität Regensburg) betreuten und von PD Dr. Michael Sommer (ebenfalls Universität Regensburg) mit begleiteten Dissertation mit dem o.g. Titel ab. Matthias Geigenfeind ist derzeit Lehrbeauftragter für Neues Testament am Institut für Katholische Theologie der Universität Duisburg-Essen sowie an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel.
Weitere Veröffentlichungen
Forschungsschwerpunkte und -interessen
Die Frau am Jakobsbrunnen in altkirchlicher Johannesexegese. Erkenntnis, Pädagogik, und Spiritualität bei Origenes, Johannes Chrysostomus und Augustinus (Dissertation)
zur Person
Dr. Monnica Klöckener M.A., geboren 1990, studierte Katholische Theologie (Mag. Theol.) an der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg und der Université de Strasbourg sowie Musikwissenschaft (M.A.) und Musikpädagogik (B.A.) an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.
Ihr Promotionsstudium absolvierte sie bei Prof. Dr. Franz Dünzl († 2018) in Würzburg und Prof. Dr. Dr. Alfons Fürst an der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster. 2021 wurde sie mit der Arbeit „Die Frau am Jakobsbrunnen in altkirchlicher Johannesexegese. Erkenntnis, Pädagogik und Spiritualität bei Origenes, Johannes Chrysostomus und Augustinus“ an der Katholisch-Theologischen Fakultät der WWU Münster promoviert. Die Dissertation erschien in der Peer-Review-Reihe Adamantiana beim Aschendorff Verlag.
Monnica Klöckener war von 04/2015–03/2017 Referentin für internationalen Austausch an der Katholisch-Theologischen Fakultät der JMU Würzburg und ist seit 04/2017 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Seminar für Alte Kirchengeschichte, Patrologie und Christliche Archäologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der WWU Münster. Von 04/2021–03/2022 vertritt sie dort den Lehrstuhl für Alte Kirchengeschichte.
Zur Arbeit
Die Dissertation behandelt die patristische Auslegung der Begegnung Jesu mit der Samaritanerin am Jakobsbrunnen (Joh 4,1–42) und analysiert die Auslegungen dieser Perikope des Origenes, des Johannes Chrysostomos und des Augustinus, vergleicht sie und ordnet sie in ihren historischen Kontext ein. Da die Begegnung Jesu mit der namenlosen Frau am Brunnen bei den Kirchenvätern für die Begegnung zwischen Gott und Mensch steht und der Mensch auch beim Bibellesen und in der Exegese dem Wort Gottes und mittelbar dadurch Gott begegnen kann, ist diese Bibelstelle paradigmatisch für eine Beschäftigung mit der altkirchlichen Bibelauslegung.
Die Studie fragt zunächst, wie die drei Theologen die Perikope lesen. Dazu erarbeitet sie auf der Grundlage des Johanneskommentars des Origenes sowie der Predigten des Chrysostomos und des Augustinus inhaltliche und methodische Gemeinsamkeiten und Unterschiede der drei Auslegungen. Dann fragt sie, mit welchem Interesse die Autoren die Perikope lesen, und versucht, dieses Interesse aus dem historischen Kontext und den Biographien der Autoren zu erklären. Schließlich ordnet sie die Auslegungen in die altkirchliche Hermeneutik ein. Mit den beiden letzteren Aspekten beantwortet sie also – so weit möglich – die Frage: Warum lesen die Theologen die Perikope so? Damit leistet die Untersuchung einen Beitrag zur altkirchlichen Auslegungsgeschichte des Johannesevangeliums.
Der Pentateuch als Kompromissprodukt zwischen Garizim und Jerusalem. Aktuelle Bestandsaufnahme einer Forschungsthese und ihre Diskussion am Beispiel von Ex 28,1–38 (wiss. Hausarbeit)
Jonathan Jakob Böhm, geb. 1995, studierte von 2015 bis 2021 Evangelische Theologie (Magister Theologiae, 2021) und Antike Kulturen mit dem Scherpunkt Ägyptologie (Bachelor of Arts, 2020) in Berlin, Jerusalem und Göttingen. Während seines durch das Evangelische Studienwerk Villigst und den Deutschen Akademischen Austauschdienst geförderten Studiums arbeitete er als Hilfskraft an den alttestamentlichen Lehrstühlen von Prof. Dr. Dr. Bernd U. Schipper (Humboldt-Universität zu Berlin) und Prof. Dr. Reinhard Müller (Georg-August-Universität Göttingen). Zu seinen Forschungsinteressen gehören insbesondere die Geschichte Israels in nachexilischer Zeit sowie die samaritanische Religionsgemeinschaft. Seit dem Wintersemester 2021 arbeitet Böhm im Rahmen des Promotionsprogrammes Ancient Languages and Texts der Berlin Graduate School of Ancient Studies an einem Dissertationsprojekt zu den historischen Beziehungen und kulturellen Kontakten zwischen Israel und Ägypten in der zweiten Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr.
Gnostische Weltanschauung und Schriftauslegung in rabbinischer Aggada (Bachelor-Arbeit)
Zur Person
Timotheus Schweizer, geb. 1992 in Peißenberg, studierte Philosophie, Religionswissenschaft, Semitistik und Christentum und Kultur an der Ruprecht-Karls-Universität und Judaistik an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg. Voraussichtlich 2022 wird er sein Dissertationsprojekt zu jüdischer Philosophie im 18. Jahrhundert beginnen.
Zur Arbeit
Die Arbeit unternimmt den Versuch, Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Gnosis und rabbinischem Judentum aufzuzeigen. Häresie-Vorwürfe scheinen der direkteste Beleg für bestehenden Gemeinsamkeiten und kulturellen Kontakt zu sein und doch kann gerade in der formativen Phase von rabb. Judentum, Christentum und Gnostizismus von fest umgrenzten Religionen per Definition noch nicht die Rede sein kann. Methodisch ist die Arbeit vornehmlich exegetisch angelegt, spricht aber auch die kulturwissenschaftliche Dimension der Thematik an. Im textuellen Zentrum stehen das Apokryphon des Johannes und die Hypostase der Archonten als Repräsentanten der Gnosis sowie der Midrash Bereshit Rabba als Repräsentant des rabbinischen Judentums. In Hinblick auf ihren literarischen Bezug zur Schöpfungsgeschichte der Bibel kommt der Vergleich der zwei gnostischen Texte miteinander zu dem Schluss, dass bestehenden Hypothesen eines engen Traditionszusammenhanges unplausibel sind. Demgegenüber stößt die Frage nach einem unmittelbaren Austausch zwischen Rabbinen und Gnostiker auf das bekannte Problem der mangelhaften Identifizierbarkeit der in den rabb. Schriften vorkommenden „Minim“ (Häretiker). Dabei wird gegen die in der Forschung vertretene These argumentiert, dass die aggadische Gestalt der Matrona einen gnostischen Typus darstelle. Demzufolge bleibt die Herangehensweise des Motivvergleichs die vielversprechendste Art der Annäherung an die Beantwortung der Frage. Mittels einer Analyse bestimmter Passagen aus dem Midrash Bereshit Rabba werden die Motive der Schlange und der Erde mit den gnostischen Figuren des Demiurgen bzw. der Sophia parallelisiert. Die weitestgehend konkrete ideengeschichtliche Verwandtschaft zwischen den beiden Traditionssträngen, welche damit nachgewiesen wird, wäre in einem anderen Rahmen noch durch Untersuchungen zu metaexegetischen Prinzipien zu ergänzen.